„Das Beste, was man in dieser verrückten Welt tun kann“
In Sascha Hawemanns Bühnenfassung von Der Zauberberg ist Ensemblemitglied Robert Höller als Hans Castorp zu sehen. In vier Fragen zur Arbeit an der Inszenierung verrät der Schauspieler, was diese Rolle so herausfordernd macht und was er an Regisseur Sascha Hawemann besonders schätzt.
Wie ging es dir beim Lesen von Thomas Manns Roman Der Zauberberg?
RH: Zugegebenermaßen hat mich die Seitenzahl (in meiner Ausgabe über 1000!) erst einmal abgeschreckt. Das konnte ja nur in Arbeit ausarten. Zum Glück gibt eine etwas angestaubte aber doch interessante Hörbuchfassung von Gerd Westpfahl, die hat mir über weite Passagen viel Lesearbeit abgenommen. So konnte ich unterwegs beim Spazieren oder in der Schweriner U-Bahn den Schinken in einem knappen Monat bewältigen.
Um ehrlich zu sein – und bei allem Respekt für Herrn Mann – dachte ich beim ersten Lesen: „Was für ein Angeber-Buch“. Dass es sich um Weltliteratur handelt, habe ich durchaus gespürt, aber warum wir nun unbedingt einen Roman auf die Bühne bringen sollen, in dem über 700 Seiten lang erst einmal nicht viel mehr passiert als dass alte weiße Männer über die Welt schwafeln, war mir zunächst nicht klar. Das hat sich im Laufe der Probenarbeit allerdings um 180 Grad gedreht. Erst mit der intensiveren Auseinandersetzung mit den im Zauberberg verhandelten Themen, habe ich die Qualität und die Sinnhaftigkeit der Bühnenübertragung verstanden.
Wie würdest du die Probenarbeit mit Sascha Hawemann beschreiben?
RH: Ich hatte das Glück, schon bei dem Stück Väter und Söhne mit Sascha arbeiten zu können und habe mir explizit gewünscht, wieder bei ihm besetzt zu sein. Ich muss mich an dieser Stelle outen: Sascha ist einer meiner absoluten Lieblingsregisseure. Was ich besonders an ihm schätze ist seine Leidenschaft für das, was er tut. Er macht keine Kompromisse.
Er versucht aus allen Spieler:innen immer das Maximum rauszuholen, man kann in der Arbeit mit ihm schon mal an oder über seine Grenzen gehen. Das empfinde ich als große Qualität. Sein Gespür für Schauspiel ist außergewöhnlich und er erschafft mit einfachen Mitteln starke Bilder. In seinem Theater geht es immer um alles.
„Sicher eine der herausforderndsten Figuren, die ich bisher spielen durfte“: in der Bühnenfassung von Thomas Manns Roman Der Zauberberg steht Robert Höller als Kaufmannssohn Hans Castorp auf der Bühne. Seit der Spielzeit 2016/2017 ist er Mitglied des Schauspielensembles des Mecklenburgischen Staatstheaters.
Was gefällt dir besonders beim Spielen der Rolle Hans Castorp?
RH: Die Figur Hans Castorp hat einen sehr interessanten dramatischen Bogen. Wir lernen sie als lebenshungrigen, vitalen jungen Menschen kennen, der sich leidenschaftlich aber naiv in die Welt stürzt um dem Alltagstrott zu Hause zu entkommen und etwas zu erleben.
Aus dem geplanten kurzen Besuch seines Cousins im Sanatorium wird nichts: Er erkrankt selbst und lernt die Schattenseiten des Lebens kennen. Krankheit, Tod und das Nachdenken über die Gesellschaft, die Zeit und den Sinn oder Unsinn des Daseins bestimmen von da an sein Leben.
Dazu ist er wahnsinnig verliebt und das auch noch unglücklich. Alles das darf ich zusammen mit meinen tollen Kolleg:innen spielen in unserem Zauberberg. Es ist ein großes Geschenk für mich und sicher auch eine der herausforderndsten Figuren, die ich bisher spielen durfte.
Warum sollte man sich den Zauberberg anschauen?
RH: Mir gefällt der Abend sehr. Er erzählt erschreckend viel über unsere schöne, kaputte Welt.
Er ist sehr poetisch, kraftvoll, lustig, anrührend, gewaltig, energetisch, lang, aber ganz bestimmt nicht langweilig, laut und leise, brutal und sanft. Und wie ich schon sagte: Es geht um alles.
Außerdem sind meine Kolleg:innen ganz toll. Und Theater schauen (und spielen) ist in dieser verrückten Welt sowieso das Beste, was man tun kann.
Zur Schauspielinszenierung Der Zauberberg
Veröffentlicht im März 2022
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